Auch im kommenden Winter werden die Heizkosten wegen hoher Energiepreise für viele wieder zu einer finanziellen Belastung. Wie bleibt die Immobilie im Rentenalter bei steigenden Lebenshaltungskosten und teils notwendiger energetischer Maßnahmen weiter bezahlbar? Anbieter des Geschäftsmodells Teilverkauf suggerieren eine vermeintlich schnelle und einfache Lösung. Doch was unkompliziert klingt, kann aufgrund komplizierter Verträge und hoher Kosten sogar den Verlust der Immobilie bedeuten.
Notwendige Sanierungskosten
Eine energetische Sanierung des Wohneigentums ist teilweise gesetzlich vorgeschrieben oder wird aufgrund der ausufernden Heizkosten unumgänglich. Wenn das Geld fehlt, wird meist eine Finanzierung in Anspruch genommen. Wer sein Geld jedoch als Altersvorsorge in Wohneigentum gesteckt hat, steht mit Renteneintritt oft vor der Hürde, dass steigende monatliche Kosten einem gesunkenen Einkommen entgegenstehen. Dadurch ist die Inanspruchnahme klassischer Darlehen für nötige Investitionen oft erschwert.
Viele Seniori:nnen wollen in der eigenen Immobilie, in der sie seit vielen Jahren wohnen, bis zum Lebensende bleiben. Auf der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten werden sie schnell fündig bei Teilkaufanbietern, die einfache und schnelle Lösungen für diese Herausforderung suggerieren.
Teilverkaufsmodelle vermitteln ein falsches Gefühl von Sicherheit
Vermeintliche Sicherheit vermitteln Vertragsregelungen, nach denen Immobilieneigentümer:innen weiter mindestens 50 Prozent der Immobilie gehören, wodurch sie bei einer Wertsteigerung des Eigentums an dieser partizipieren. Sie erhalten lebenslanges Wohn- bzw. Nießbrauchrecht und eventuell die Möglichkeit eines Rückkaufs der Immobilie.
Jedoch handelt es sich hierbei um sehr komplexe und intransparente Vertragskonstrukte, die diverse Nachteile für Verbraucher:innen beinhalten. Sie bewirken meist einseitige Belastungen für die Verbraucher:innen, beispielsweise hohe monatliche Nutzungsentgelte auf den verkauften Teil der Immobilie, laufende Instandhaltungskosten sowie hohe Kosten am Ende der Laufzeit, für den Verkauf des verbliebenen Immobilienanteils. Das Risiko eines zu geringen Erlöses beim späteren Verkauf liegt ausschließlich bei den Verbrauchern, während der Teilkäufer in der Regel einen Mindestgewinn von 14 bis 17 Prozent erhält. Wird keine Wertsteigerung erreicht oder sinkt der Wert der Immobilie, müssen die Verbraucher:innen die Differenz an den Käufer zahlen.
Teilverkaufsmodelle bewegen sich in einer rechtlichen Grauzone
„Es gibt bislang weder eine Aufsicht noch ist der Markt für Teilverkäufe reguliert“, stellt Lukas Tafreshi von der Verbraucherzentrale Saarland fest. Mit diesem Problem beschäftigen sich auch der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen und die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht).
Der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen kam im März 2025 aufgrund eines erstellten Rechtsgutachtens zu dem Schluss, dass sich der Teilverkauf in einem Graubereich zwischen Immobilientransaktion und Verbraucherdarlehen bewege und es an klaren gesetzlichen Regelungen zum Schutz der Verbraucher vor möglichen Nachteilen fehle. In den Angeboten würden insbesondere beim Thema der Kostenbelastung Informationen fehlen. Vertragsgestaltungen seien oft nur schwer nachvollziehbar und zugunsten des Teilkäufers ausgestaltet.
Auch die BaFin benennt Tücken für Verbraucher:innen: Insbesondere hinsichtlich des später erzielbaren Verkaufspreises beim Gesamtverkauf vermittelten Werbeversprechen und der Ablauf des Immobilienteilverkaufs ein falsches Bild. Säumnisse des laufenden Nutzungsentgeltes könnten sogar zum vorzeitigen Verkauf und zur Räumung der Immobilie führen. Im Falle der Insolvenz des Teilkäufers bestehe ein erhebliches Risiko, wie möglicherweise die Zwangsversteigerung, wenn der Rückkauf nicht möglich sei.
Vor der Entscheidung sinnvoll: Alternativen prüfen und unabhängig beraten lassen
„Wir raten in jedem Fall dazu, Alternativen in Betracht zu ziehen,“ betont Tafreshi. Da die Darlehensaufnahme im Alter eine besondere Herausforderung darstellt, müssen Vor- und Nachteile unterschiedlicher Modelle gründlich gegeneinander abgewogen werden.
Neben der Variante des Teilverkaufs gibt es die Leibrente – den Verkauf der eigenen Immobilie gegen die Zahlung einer lebenslangen Rente. Andere Modelle sind beispielsweise der Verkauf mit Rückmietung (Sale & Lease Back) oder der Immobilienkredit für Senior:innen, bei dem es sich um eine Kreditaufnahme ohne Tilgung handelt.
Unter verbraucherzentrale.de/immobilienrente können sich Interessierte über die unterschiedlichen Modelle mitsamt ihren Vor- und Nachteilen informieren und einen Gesamtüberblick erhalten. „Welche Variante auch immer für Sie interessant ist: In jedem Fall ist es sinnvoll, vor einer Entscheidung eine unabhängige und objektive Meinung auf der Suche nach einer kostengünstigen Lösung in die Überlegungen einzubeziehen“, empfiehlt Tafreshi.
Unter verbraucherzentrale.de/beratung können sich Interessierte zudem über die anbieterunabhängigen Beratungsangebote der Verbraucherzentralen informieren.
