Wie sieht es heute mit der Belastung der Lebensmittel aus?
Vor allem manche Wildpilzarten weisen bis jetzt noch gelegentlich eine stark erhöhte Radioaktivität auf.
Wildfleisch aus einigen Regionen Deutschlands kann noch erhöhte Radioaktivitätswerte aufweisen. Das gilt besonders für Wildschwein. Essen Sie daher vergleichsweise hoch belastete Lebensmittel wie (selbst gesammelte) Wildpilze und Wildschwein nur gelegentlich oder gar nicht.
Im Handel erhältliche Wildpilze, die bei uns vorwiegend aus Osteuropa importiert werden, werden gesondert auf Strahlung geprüft. Mancher Importeur hat sogar in teure Messtechnik investiert, um gut geprüfte Produkte anbieten zu können.
In landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Getreide ist die Konzentration an künstlichen Radionukliden inzwischen wieder auf Werte wie vor dem Reaktorunfall gefallen. Gründe dafür sind die andere Zusammensetzung von Ackerböden im Vergleich mit Waldböden und deren regelmäßige Bearbeitung durch die Landwirte.
Japanische Lebensmittel aus der Gegend um Fukushima wurden regelmäßig untersucht, wenn sie nach Europa importiert wurden. In den letzten Jahren wurden jedoch keine Grenzwertüberschreitungen mehr festgestellt. Konsumgüter aus Japan sind unkritisch, da die Rohstoffe dafür nicht in den betroffenen Gebieten abgebaut oder verarbeitet werden. Nur eine kleine Region des Landes ist nach wie vor stark verseucht. Da ein Großteil der Radioaktivität auf das Meer geweht wurde, dürften viele Meerestiere radioaktiv belastet sein. Hier kann keine sichere Überwachung stattfinden, da Fische weite Strecken zurücklegen und auch in ganz anderen Teilen der Meere gefischt werden könnten, ohne dann geprüft zu werden.
Geigerzähler für den Heimbedarf sind Unsinn
Seit dem Reaktorunfall von Fukushima 2011 überlegen Verbraucher:innen, sich einen Geigerzähler für den Heimbedarf anzuschaffen. Die Investition von etwa 300 Euro pro Gerät ist jedoch unnötig. Um radioaktive Belastungen von Lebensmitteln zu messen, braucht es sehr sensible und aufwändige Messvorrichtungen, die diese Geigerzähler nicht besitzen. Außerdem brauchen Sie fundiertes Fachwissen, um die Messergebnisse zu bewerten. In der Regel haben Laien das nicht.
Radioaktivität wird auch weiter Thema sein
Das Thema Radioaktivität bleibt präsent. Zum einen, weil einige Regionen und manche Lebensmitteln auch viele Jahre nach dem Unfall von Tschernobyl und Fukushima verstrahlt bleiben. Cäsium und Strontium haben eine Halbwertzeit von rund 30 Jahren. Die radioaktive Strahlung von Plutonium hat sich erst in rund 24.000 Jahren halbiert.
Zum anderen sind derzeit in Deutschland noch drei Atomkraftwerke am Netz, die ursprünglich Ende 2022 stillgelegt werden sollten. Am 17. Oktober 2022 hat Bundeskanzler Olaf Scholz entschieden, dass die Atommeiler bis April 2023 weiterlaufen sollen. Damit ist ein Koalitionsstreit vorerst beendet: Die FDP wollte einen Weiterbetrieb bis 2024, die Grünen wollten lediglich zwei Meiler bis April 2023 in Reserve halten. Hintergrund ist die aktuelle Energiekrise.
Weltweit waren laut dem World Nuclear Report im Juli 2022 insgesamt 411 Reaktoren in Betrieb. Auch im unmittelbaren europäischen Ausland werden noch sehr alte Reaktoren betrieben. Beispiele sind Tihange und Doel in Belgien sowie Cattenom/Frankreich. In möglicherweise betroffenen Regionen gibt es daher Notfallpläne. Teilweise wurden auch schon vorsorglich Jodtabletten an die Bevölkerung ausgegeben, z.B. in Aachen. Im Saarland werden Jodtabletten in den Landkreisen und der Landeshauptstadt gelagert, von wo aus sie im Notfall an zentrale Ausgabestellen gebracht werden.
Der Ausstieg aus der Atomenergie gilt nur für Reaktoren zur Stromerzeugung, nicht aber für solche zu Forschungszwecken. Gleiches gilt für Aufbereitungsanlagen wie die Urananreicherungsanlage in Gronau. Auch der Transport von Atommüll stellt nach wie vor ein Risiko dar. Selbst in Japan sind trotz der verheerenden Katastrophe von Fukushima weiterhin neun Reaktoren am Netz.