Für wen sind Nahrungsergänzungsmittel mit Jod möglicherweise sinnvoll?
Die Jodversorgung in Deutschland hat sich seit Mitte der 1980er Jahre durch den Einsatz von Jodsalz in Privathaushalten, in der Lebensmittelindustrie, im Handwerk und teilweise in der Gastronomie kontinuierlich verbessert. Hinzu kommt, dass die Nutztiere das für sie lebenswichtige Spurenelement über jodiertes Futter bekommen. Dadurch ist der Jodgehalt vor allem in Milch und Milchprodukten gestiegen. In Bio-Lebensmitteln und Biofuttermitteln ist Jodsalz bzw. die Jodierung erlaubt, wird aber eher seltener eingesetzt.
Aktuelle Daten zeigen jedoch, dass die Jodversorgung der Bevölkerung immer noch nicht optimal ist bzw. eine rückläufige Tendenz aufweist. Studien haben ergeben, dass Kinder, Jugendliche und Erwachsene im unteren optimalen Bereich liegen. Beurteilt wird die Jodversorgung nach der Höhe der Jodausscheidung über den Urin optimal wäre: 100 - 199 µg/l.
Die mittlere Jodausscheidung bei Kinder und Jugendlichen liegt bei 88,8 µg pro Liter Urin. Man spricht hier von einem milden Mangel. Da es sich um einen Mittelwert handelt, bedeutet dies; dass einige Kinder und Jugendliche optimal versorgt sind, andere wiederum einen schweren Mangel haben. Ursache dafür könnte sein, dass der Einsatz von Jodsalz anstelle von Speisesalz in industriell produzierten Lebensmitteln (z.B. Fertiggerichten, Fertigsoßen, Würzmischungen) und in der Außer-Haus-Verpflegung deutlich rückläufig ist.
Ein erhöhtes Risiko für eine Unterversorgung mit Jod haben Personen, die auf tierische Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Milch und Eier verzichten. Dazu zählen Vegetarier, Veganer und Personen, die wegen einer Kuhmilch- oder Fischallergie oder einer Milchzuckerunverträglichkeit Fisch oder Milchprodukte meiden müssen. Auch bei einer sehr (Jod-) salzarmen Ernährung kann es sein, dass die empfohlene Aufnahmemenge nicht erreicht wird. In Absprache mit Ihrem Arzt sollten Sie in einem solchen Fall eine zusätzliche Zufuhr von Jod in Form eines Nahrungsergänzungsmittels erwägen.
Schwangere und Stillende haben einen erhöhten Jod-Bedarf, auch hier ist in der Regel die Einnahme von jodhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln sinnvoll. Aktuell werden beiden Personengruppen in Deutschland 100 -150 µg Jod pro Tag in Form eines Nahrungsergänzungsmittels zusätzlich zur Ernährung mit jodreichen Lebensmitteln und Jodsalz empfohlen. Dies sollte aber zuvor mit dem Arzt (Gynäkologen) abgesprochen werden, um eventuellen Mehrfacheinnahmen vorzubeugen.
Wofür braucht der Körper Jod?
Jod wird für den Aufbau der Schilddrüsenhormone benötigt. Diese Hormone steuern den Energiestoffwechsel, den Herzrhythmus, sowie den Blutdruck. Außerdem sind sie beteiligt an Prozessen wie Knochenbildung, normalem Wachstum und der Entwicklung des Gehirns.
Eine angemessene Jodversorgung und damit eine normale Schilddrüsenfunktion sind für die Lebensqualität eines Erwachsenen unabdingbar. Ein Mangel macht sich durch eine niedrige Kältetoleranz, trockene Haut, Haarausfall, Gewichtszunahme, depressive Verstimmung, sowie Lern- und Konzentrationsschwierigkeiten bemerkbar.
Bei einem starken Mangel werden zu wenig Hormone produziert. Es kommt zur Vergrößerung der Schilddrüse, dem sogenannten Kropf, mit eventuell heißen oder kalten Knoten (bösartige Veränderung).
Eine zu niedrige Jodversorgung in Schwangerschaft, Stillzeit und Säuglingsalter kann zu lebenslangen Entwicklungs- und Funktionsstörungen führen.
Die empfohlene tägliche Zufuhr aus allen Quellen beträgt in Deutschland 200 µg pro Tag für Jugendliche und Erwachsene bis 50 Jahren, ab 51 Jahren 180 µg. In der Schweiz gilt die niedrigere empfohlene Dosis der WHO von 150 µg in Folge des seit jahrzehntelangen erfolgreichen konsequent eingesetzten Jodsalzprogramms.
Kann ich meinen Tagesbedarf über die Nahrung decken?
Der Jodgehalt von pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln ist regional unterschiedlich, er schwankt nach Jodgehalt des Bodens. Bergregionen haben besonders wenig. Aufgrund des Jodgehalts der Meere sind Seefische und andere Meerestiere oder -pflanzen wie Muscheln und Algen von Natur aus jodreich. Eine wichtige Jodquelle sind heute neben dem jodierten Speisesalz tierische Lebensmittel wie Milch und Milchprodukte, Fleisch und Eier. Der gegenüber früher erhöhte Jodgehalt resultiert aus der Fütterung der Nutztiere mit jodiertem Futter.
Jodiertes Speisesalz gibt es nicht nur für den Privathaushalt. Es darf (und sollte) auch in handwerklich oder industriell produzierten Lebensmitteln (z.B. Brot, Wurst, Käse, Fertiggerichten, Fertigsoßen, Würzmischungen) eingesetzt werden. Leider ist dies nur bei rund 30 % der salzhaltigen Produkte der Fall. Hier hilft Ihnen nur der Blick auf die Zutatenliste dieser verarbeiteten Produkte und das gezielte Nachfragen an der Verkaufstheke bei loser Ware.
Die Menge an Kalium- oder Natriumjodat im Jodsalz oder auch Nitritpökelsalz ist gesetzlich auf 15 bis 25 mg/kg Speisesalz limitiert. Auch bei Kräutersalzen sollten Sie beim Einkauf darauf achten, dass in der Zutatenliste "jodiertes Speisesalz" steht. Die in Mode gekommenen Salzspezialitäten wie Himalaya-, Meer-, Hawaiisalz bzw. Fleur de Sel tragen unwesentlich zu Jodversorgung bei und sollten deshalb nur selten eingesetzt werden.
Tipps:
Eine ausreichende Jodversorgung ist möglich, wenn Sie auf den Verzehr jodhaltiger Lebensmittel achten.
- Verzehren Sie täglich Milch- und Milchprodukte.
- Essen Sie ein- bis zweimal pro Woche Meeresfisch.
- Verwenden Sie Jodsalz im Haushalt.
- Kaufen Sie bevorzugt Lebensmittel, die mit Jodsalz hergestellt wurden.
- In der Zutatenliste sollte "Jodsalz" oder "jodiertes Speisesalz" und nicht nur "Salz" stehen.
- Fragen Sie auch in Schulmensa, Kantine und anderen Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen nach dem Einsatz von Jodsalz.
- Verwenden Sie jodhaltige Nahrungsergänzungsmittel nur nach Rücksprache mit dem Arzt.
Weitere Informationen bekommen Sie in den Aktualisierten Fragen und Antworten zur Jodversorgung und zur Jodmangelvorsorge des Bundesinstituts für Risikobewertung.
Quellen:
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Jodversorgung in Deutschland, Schwangere und Stillende supplementieren! Allgemeinarzt-online vom 20.03.2018 abgerufen am 16.07.2019
Arbeitskreis Jodmangel Deutschland ist wieder Jodmangelland! Aktuelle Gesundheitsstudie zeigt deutlichen Negativtrend, abgerufen am 10.01.2020
Informationsschrift Arbeitskreis Jodmangel e.V. Jod Versorgung Aktuell, Herbst -Ausgabe 2016
Informationsschrift Arbeitskreis Jodmangel e.V. Jod Versorgung Aktuell, Herbst-Ausgabe 2015
BfR (2012): Fragen und Antworten zur Jodversorgung und zur Jodmangelvorsoge
BfR: Gesundheitliche Risiken durch zu hohen Jodgehalt in getrockneten Algen, Aktualisierte Stellungnahme vom 12.06.2007
BfR (2014) Jod, Folat/Folsäure und Schwangerschaft
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Jodversorgung in Deutschland wieder rückläufig - Tipps für eine gute Jodversorgung. Aktualisierte Fragen und Antworten zur Jodversorgung und zur Jodmangelvorsorge des BfR vom 20. Februar 2020
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